Ernst Gundlach und eines seiner seltenen Mikroskope

 

 

Eine schillernde und interessante Persönlichkeit im Zusammenhang mit der Entwicklung der Optik in Deutschland gegen Ende des 19. Jh. stellt Ernst Gundlach (1834 - 1908) dar. Sein Schicksal verlief in Bezug auf die Fertigung von Mikroskopen sehr ereignisreich und soll Gegenstand der folgenden kurzen Betrachtung sein. E. Gundlach machte sich ca. 1859 als Optiker in Wetzlar selbständig, nachdem er bei E. Hartnack in Paris und von 1857 bis 1858 bei F. Chr. Belthle, dem Nachfolger Kellners, in Wetzlar gearbeitet hatte. E. Gundlach überzeugte Wilhelm Seibert und Heinrich Seibert , in seiner Werkstatt zu arbeiten. Doch schon ein Jahr später geriet die kleine Firma in finanzielle Schwierigkeiten und verschwand. E. Gundlach verließ daraufhin Wetzlar.

 

 

 

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Mikroskop von Gundlach, Berlin
 

 

 

Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in England, wo Gundlach bei dem bekannten Hersteller von Mikroskopen, Ross, gearbeitet haben soll, eröffnete er ca. 1862 in Berlin-Charlottenburg eine neue Werkstatt. Da Berlin zu der Zeit der Standort vieler optischer Werkstätten war und damit in Deutschland eines der wenigen Zentren der optischen Industrie, gab es viele Firmen, die in der Herstellung optischer Komponenten erfahren waren. E. Gundlach bezog die Optiken und die Stative seiner Mikroskope von selbständigen Mechanikern bzw. optischen Unternehmen und verband die eingekauften Teile zu seinen Mikroskopen. Die Haupttätigkeit dieser Art von "Fertigung" lag damit im Vertrieb der extern gefertigten Instrumente. Allerdings müssen die Ergebnisse dieses Konzeptes gut gewesen sein. Auf der Weltausstellung 1867 in Paris erhielten Gundlachs Mikroskope eine Auszeichnung, weil sich zeigte, dass die Geräte optisch mit den führenden Herstellern mithalten konnten.

 

Da das Unternehmen sich schon seit 1871 in großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, verkaufte Gundlach 1872 den verschuldeten Betrieb an die inzwischen gegründete Firma "Seibert & Krafft" in Wetzlar. Es waren bisher fast 1000 Mikroskope fertiggestellt worden. Unter dem Namen Seibert wurden noch lange die von Gundlach konzipierten Mikroskoptypen hergestellt.

 

 

 

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Die aufwändige Signatur "No. 312 Gundlach Berlin"
 
 
 

 

Ernst Gundlach ging dann mit seiner Familie in die USA und lebte zunächst in Hackensack, New Jersey. Er stellte zu Beginn seiner Zeit in den USA Objektive für Mikroskope der Firma Queen & Co. her. Ehe auf seine weitere Tätigkeit einzugehen ist, sollen seine zukünftigen Arbeitgeber kurz dargestellt werden.

 

Der aus Deutschland 1850 eingewanderte John Jacob Bausch hatte sich seit 1853 in Rochester, New York, als Optiker selbständig gemacht und verkaufte mit geringen wirtschaftlichen Erfolg Brillen. Die seit Jahren bestehende freundschaftliche Beziehung zu dem 1849 auch aus Deutschland eingewanderten Henry Lomb führte ab 1863 zu der gemeinsamen Firma "Bausch & Lomb Optician". Die Zusammenarbeit führte zu einer prosperierenden Entwicklung der Firma und wirtschaftlichem Erfolg. Von 1866 bis 1876 hieß die Firma "Vulcanite Optical Company" in Anlehnung an das Material, aus dem die Brillenfassungen erzeugt wurden. Seit 1876 war der Name dann "Bausch & Lomb Optical Company". Schon 1875 wurde von E. Bausch, dem Sohn von J. J. Bausch, der Entschluß gefasst, neben Brillen auch andere optische Instrumente herzustellen. In den Vereinigten Staaten gab es zu dieser Zeit als Folge eines rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs eine große Nachfrage nach Mikroskopen und Geräten zur Landvermessung.

 

E. Gundlach schien mit seinen Kenntnissen der richtige Mann zu sein, eine Fertigung von Mikroskopen zu beginnen. Seit 1876 ist E. Gundlach Leiter der Mikroskopabteilung bei Bausch & Lomb. Die Zusammenarbeit dauerte jedoch nur eine kurze Zeit. Schon 1878 schied der offenbar streitbare Gundlach wegen Differenzen mit den Eigentümern wieder aus der Firma aus.

 

Die kurze Tätigkeit Gundlachs reichte aber offenbar aus, eine zukunftsfähige Produktion von Mikroskopen in Gang zu setzen. Die Firma Bausch und Lomb entwickelte sich in Rochester, inzwischen das Zentrum der amerikanischen optischen und photographischen Industrie (neben Bausch & Lomb noch Kodak, Eastman und andere Firmen), in den Folgejahren zu einem führenden und großen Hersteller mit Mikroskopen.

 

E. Gundlach zog zunächst nach Hartford, Conn., und baute als Optiker unter anderem Mikroskope, die über Händler vertrieben wurden. Seit 1879 produzierte E. Gundlach zusammen mit 3 Teilhabern unter dem Namen "Gundlach Manhatten Optical Co. Rochester N. Y." Mikroskope. 1884 wurde die Firma umbenannt in "Gundlach Optical Company".

 

1895 verließ Gundlach auch diese Firma und gründete eine zweite mit der ersten konkurrierende Firma "Gundlach Photo-Optical Company". Er hatte vorher alle Verbindungen zur seiner ersten Firma "Gundlach Optical Company" abgebrochen. So ergab sich die seltsame Konstellation zweier heftig konkurrierender optischer Firmen mit dem Namen Gundlachs.

 

Die zweite Firma wurde noch 1895 umbenannt in "Ernst Gundlachs, Lens Manufacturers" und hieß ab 1896 "Ernst Gundlach, Son, and Co". Das Unternehmen wird nicht sehr erfolgreich gewesen sein, denn 2 Jahre später verließen Vater und Sohn die Firma und zogen nach Chikago. Nach dem Ausscheiden von Vater und Sohn wurde die Firma wieder umbenannt in "The Rochester Lens Company". 1905 wurde diese Firma von einem ortsansässigen Konkurrenten, Wollensak, übernommen.

 

Die erste oben genannte Firma vergrößerte sich durch die übernahme von Konkurrenten stetig und hieß seit 1902 "Gundlach Manhattan Optical Company". 1926 wurde der Name in "Gundlach Manufacturing Company" geändert. Der Name Gundlachs verschwand erst 1928 aus der Firmenbezeichnung. Die Nachfolgefirma bestand noch bis 1972.

 

E. Gundlach muß ein Mann mit großer Tatkraft und vielen Talenten auf der einen Seite gewesen sein; auf der anderen Seite wird seine schwierige Persönlichkeit eine dauerhafte Beteiligung an einer seiner Firmen verhindert haben.

 

Bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1904, versuchte E. Gundlach sich und seine Familie durch verschiedene Unternehmensgründungen in den USA und durch die Entwicklung diverser Patente eine Lebensgrundlage zu sichern. Nach 32 Jahren Aufenthalt in den USA kehrte E. Gundlach 1904 zurück nach Berlin. Er versuchte zum letzten Mal - nun 70 Jahre alt - eine Optikerwerkstatt in Berlin aufzumachen. Er starb 1908.

 

Da die von E. Gundlach produzierte Stückzahl bei Mikroskopen nicht groß war (vermutlich unter 1000), gibt es heute nur noch wenige Mikroskope mit der Signatur Gundlachs.

 

 

 

 

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Das hervorragend gearbeitete Mikroskop besitzt eine Polarisations-Einrichtung
 
 
 
 

 

 

Hinweis auf weitere Mikroskope von Gundlach:

Ein Gerät von ca. 1872 trägt die Signatur "E. Gundlach" und einer Kastennummer 884. Es stammt aus dem Jahr 1871 oder 1872 und dürfte eines der letzten von E. Gundlach in Deutschland gefertigten Mikroskope gewesen sein.

Ein Mikroskop aus der Zeit in den USA von ca. 1880 trägt die Signatur "Gundlach, Manhatten Opt. Co., Rochester N. Y."

 

 

Copyright Björn U. Kambeck, 02/2012